Wenn das nur gut geht

Wie Gedanken uns steuern und wie wir sie verändern können

Gastartikel von Gertrude Henn

Unsere Gedanken und Denkmuster laufen in der Regel automatisch ab und sind uns nicht bewusst. Circa 60000 Gedanken produzieren wir so am Tag. Sie haben einen großen Einfluss auf unser Erleben, Fühlen und Handeln. Sind unsere Gedanken negativ, bestimmen sie zu einem großen Teil ob und wie wir Stress erleben und eine Situation beurteilen.  

#68023359 | © frog-travel - Fotolia.com
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Ein ganz normaler Montag morgen

Stellen Sie sich vor, es ist Montagmorgen. Ihr Terminkalender für die Woche ist bereits prall gefüllt. Da platzt ihr Chef ins Büro und möchte, dass Sie am nächsten Tag noch eine wichtige Kundenpräsentation übernehmen, weil die zuständige Kollegin erkrankt ist.

Wie reagieren Sie? Steigt Ihr unmittelbarer Stresspegel und Sie spüren förmlich wie Ärger und Blutdruck steigen? Breitet sich ein flaues Gefühl im Magen aus und Gedanken wie „Wenn das nur gut geht!“ oder „Das schaffe ich nie!“? Bleiben Sie gelassen und denken „Okay, ich mache es so gut ich kann – aber dafür muss etwas anderes liegen bleiben!“ oder sogar „Interessante Aufgabe, endlich mal ein Highlight!“?

Stressig – neutral oder positiv – Unsere Gedanken machen den Unterschied

Blitzschnell schätzen wir eine Situation als stressig, neutral oder positiv ein. Je nachdem, welche Gedanken und Einstellungen in uns vorherrschen, wird unser Stresserleben sehr unterschiedlich ausfallen. Gelingt es uns, uns in dieser Situation die eigenen Ressourcen und Kompetenzen bewusst zu machen, können wir nach Lösungswegen suchen und gelassener mit Anforderungen umgehen.

Stressverschärfender Gedankenstil

Ein stressverschärfender Gedankenstil ist weit verbreitet. Wir hadern mit der Realität, steigern uns in Ärger und Frust und nehmen das Ganze persönlich („Das gibt’s doch nicht, immer ich!“). Wir nehmen einseitig nur die negativen Aspekte wahr oder geben diesen eine zu große Bedeutung. Wir konzentrieren uns auf unsere Schwächen, Misserfolge und das, was wir nicht können („Das kann ich nicht, das schaffe ich nie!“). Im schlimmsten Fall malen wir uns ein Worst-Case-Szenario und unseren kommenden Misserfolg in schillernden Farben aus („Das kann nicht gut gehen!“).

 

Zu unserem Gedankenstress gesellen sich häufig noch Einstellungen wie: „Ich darf mir keine Fehler erlauben, es muss zu 120 Prozent perfekt sein. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste und ich muss die Kontrolle behalten. Wenn ich es nicht gut genug mache, bin ich in den Augen der anderen nicht gut genug.“  

Stressverschärfende Gedanken und Einstellungen loslassen

Unser stressverschärfenden Denkmuster und Einstellungen haben sich über viele Jahre verfestigt. Es wäre zu schön, könnten wir einfach „den Schalter umlegen“. Förderliche Denkmuster zu entwickeln ist jedoch ein Lernprozess.

 

Der erste Schritt hin zu einer Veränderung ist, sich die eigene Gedankenwelt bewusst zu machen, sie zu überprüfen und dann im nächsten Schritt zunehmend förderliche Denkmuster zu entwickeln.

 

Anstelle eines „Das gibt’s doch nicht!-Denkens“ können wir versuchen, die Realität anzunehmen, die Stressoren und unsere eigene Reaktion zunächst einmal zu akzeptieren.

Anstatt einseitig Negatives wahrzunehmen, können wir uns auf positive Aspekte konzentrieren oder einen Realitätscheck durchführen (Auf welchen Tatsachen beruhen meine Gedanken? Was ist der Beweis dafür? Woher weiß ich das? Weshalb ist das eine Verallgemeinerung?) und dabei möglichst konkret werden.

 

Wir können uns auf unsere Stärken, Erfolge und Ressourcen besinnen und nicht auf unsere Schwächen und Defizite (Welche –ähnlichen – Situationen habe ich bis jetzt gemeistert? Was hat mir in ähnlichen Situationen geholfen, mir Mut gemacht? Worauf kann ich mich bei mir verlassen?) Und wir sollten uns erlauben, andere um Unterstützung zu bitten.

 

Beim Entkatastrophisieren unseres „Worst-Case-Szenarios“ kann die Vorstellung helfen, was im schlimmsten Fall tatsächlich passieren kann und welche Bedeutung dies wirklich hätte. Wie wahrscheinlich ist das Eintreffen auf einer Skala von 0 bis 10? Gleichzeitig gilt es, sich ebenso einmal mögliche Erfolge und positive Konsequenzen – egal wie klein sie sein mögen – vorzustellen oder was sich aus der Situation vielleicht lernen lässt.

Gehen Sie einmal folgende Fragen durch: Was würde eine gute Freundin Ihnen jetzt raten oder was würden Sie zu einem Freund in einer ähnlichen Situation sagen?

 

Wagen Sie zum „Entstressen“ zusätzlich einen gedanklichen Rückblick aus der Zukunft und fragen Sie sich: „Wie werde ich später, in einem Monat, einem Jahr oder fünf Jahren darüber denken?“.

Raus aus der Gedanken-Stress-Falle

Wenn Sie immer wieder in die gleichen Gedanken-Stress-Fallen geraten, dann beginnen Sie am besten, indem Sie sich eine belastende Situation aus Ihrem Alltag herausgreifen und versuchen sie mit den im Text genannten Fragestellungen zu analysieren.  

Tief Luft holen und Durchatmen

Und nun … tief Luft holen und Durchatmen. Denn in jeder stressigen Situation helfen zunächst einige ruhige Atemzüge und vor allem bewusstes Ausatmen um Stressreiz und sofortige Stressreaktion zu entkoppeln. So wird der Kopf wieder frei für mögliche Lösungswege.  

Gastautorin: Gertrude Henn

Diplom-Sozialpädagogin I Entspannungs- & Stressmanagement-Trainerin

 

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